6. Digitalisieren von 8mm- und S8-Filmen

Viele Babyboomer haben über all die Jahre eine Unmenge von 8mm-Filmen gesammelt. Diese liegen irgendwo in Schukartons oder Bananenschachteln. Eigentlich möchte man die gerne wiedermal anschauen - doch viel lieber im Videoformat, als vom rumpelnden Projektor im verdunkelten Raum auf Leinwand, mit all den Vorbereitungen und möglichen Scherereien.
Auch wäre es doch toll, wenn man all diese Filmschnipsel nun endlich zusammenschneiden, mit Titeln versetzen und auch anderweitig "veredeln" könnte.

Stellt sich nun die Frage, wie man die Filme ins digitale Videoformat kopieren kann, ohne gleich einen Bankkredit aufnehmen zu müssen. Natürlich gibt es den teuren, professionellen Weg (digitalisieren durch eine spezialisierte Firma). Doch in den meisten Fällen ist die Filmqualität ohnehin nicht sehr gut, so dass ein weiterer, meist minimaler Qualitätsverlust gerne in Kauf genommen wird, wenn man dadurch viel Geld sparen und alles selber machen kann - und erst noch die unersetzlichen Filmchen nicht aus der Hand geben muss.

Diesen "Hobby-Weg" schlug auch ich einmal recht erfolgreich ein.
(Natürlich kann man auch das Bild auf eine Leinwand projezieren und von dort abvideographieren, doch muss man dann einen gewissen Winkelfehler in Kauf nehmen, von diversen zusätzlichen Widerlichkeiten und Problemen ganz zu schweigen).


Ergänzungen zu diesem Thema vom März 2008 finden Sie hier


Ergänzung vom Dezember 2005:

Hama bietet wieder so einen Spiegel an. Und da der Preis vernünftig ist (unverb. Preisempfehlung 60 € resp. 99 CHF), sollte man seine Energie also lieber auf das Digitalisieren als das Basteln konzentrieren.

Mehr Informationen hier:

http://www.hama.de/portal/articleId*1490/action*2563


Mein Rezept:

Vor Jahren erhielt ich, zusammen mit einem der ersten Akai Camcorder (jawohl, das gab's mal), einen "Kopierspiegel", bestehend aus einem Milchglas und einem Spiegel in einem Kunststoffrahmen, der das Aufstellen in einem genau 45 Grad Winkel erleichtert. Das Bild des Projektors wird auf die Mattscheibe projeziert und von dort über den Spiegel in den Camcorder geleitet, der im genauen 90 Grad Winkel positioniert werden muss. Ich suchte im Internet, ob so ein Kopierspiegel noch käuflich zu erwerben ist, wurde jedoch nicht fündig.

So ein Kopierspiegel ist relativ einfach zu basteln. Ich hoffe, dass meine Skizzen zusammen mit der Beschreibung klar genug sind. Gerne beantworte ich Fragen dazu per Email.

Als Grundmaterial schlage ich Sperrholz vor. Zwei gleichgrosse Brettchen, etwa in A4 Grösse. Die Scharniere (in der Skizze 1 dunkelblau) können auch durch festes Klebeband ersetzt werden. Nicht eingezeichnet habe ich eine zusätzliche Hilfe, einen Abstandhalter, der den genauen 45 Grad Winkel bei jedem Aufstellen gewährleistet. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dies zu bewerkstelligen: Vom einfachen, genau zugeschnittenen Holzstückchen, über ein Stück Karton als Unterlage, auf dem die Positionen genau eingezeichnet werden, bis hin zu einem Untergestell, in das die beiden Teile eingesteckt werden können.

Die Aufstellung von Projektor und Camcorder muss sorgfältig und genau erfolgen. Wichtig sind der 90 Grad Winkel und die exakt gleiche Höhe der Objektive. Ich verwende für den Projektor und den Kopierspiegel einen Tisch und justiere den Camcorder auf einem stabilen Stativ (das ohnehin zu jeder Videoausrüstung gehört).

Der Tonausgang des Projektors wird mit dem Toneingang des Camcorders verbunden. Falls kein Originalton aufgezeichnet werden soll, hilft ein Blindstecker im Mik-Eingang des Camcorders.

Aufstellung: In meiner Zeichnung projeziere ich das Bild auf die Milchglasscheibe, was die Scharfeinstellung am Projektor erleichtert.

Die meisten Anordnungen zeigen jedoch genau das umgekehrte, also Projektion auf Spiegel, Camcorder auf Milchglas, was genau so gut funktioniert und anscheinend der weit verbreiteten Norm entspricht. Qualitative Unterschiede konnte ich bisher keine ausmachen.

Wichtige Grundregeln und Erfahrungen:

1. Projektor und Camcorder müssen auf der gleichen Höhe und absolut waagrecht stehen. Ebenfalls muss der 90 Grad Winkel eingehalten werden, sonst wirkt das Bild verzogen.

2. Der Raum muss abgedunkelt werden.

3. Durch das Verändern der Projektorgeschwindigkeit (falls vorhanden) und/oder der Verschlusszeit des Camcorders (z.B. Einstellung "Spotlight" oder "Snow" kann helfen) kann man das Flimmern auf ein Minimum reduzieren - allerdings kann dies sich bei einigen Projektoren (vor allem bei riemenangetriebenen) mit der Zeit durch die Erwärmung des Motors verstellen. Ich konnte jedoch mit drei verschiedenen Projektoren sowohl von 18 B/Sek-als auch von 24 B/Sek-Filmen gute Kopien herstellen. Erstaunlicherweise war es mein kleinster Eumigprojektor - erst noch umschaltbar zwischen 8 und Super8 -, der die besten, flimmerfreisten Resultate lieferte - allerdings ohne Ton.

4. Beim Tontransfer kann es zu Brummschlaufen kommen, wenn beide Geräte geerdet am Netz hängen. Lösung: Für den Camcorder Batteriebetrieb wählen (die neuen Batterien halten ja lange!)

Tips:

1. Die Einstellungen nicht nur im LCD Displays des Camcorders kontrollieren, sondern in einem Fernsehgerät. Das ist auch besonders hilfreich zur einmaligen Schärfeneinstellung, doch vor allem sieht man das "echte" Endresultat.

2. Zuerst dei Bildschärfe des Projektors optimieren (auf dem Milchglas sichtbar), dann den Camcorder fokussieren.

3. Beim Camcorder unbedingt den Autofocus ausschalten, wenn die Schärfe einmal stimmt.

4. Beim Camcorder, wenn vorhanden, die Blende auf einen Mittlelwert fixieren, um sichtbare Blendenanpassungen zu vermeiden - ist vor allem wichtig, wenn dunkle und helle Szenen abwechseln oder zwischen einzelnen Segmenten Schwarzfilm verwendet wurde.

Nachdem sie Ihre Filme erfolgreich aud DV-Kassetten überspielten, können sie als Videos nun elegant und einfach im Computer überarbeitet und editiert nun wieder auf DV-Kassetten kopiert werden.

ACHTUNG: Sollten Sie von Ihren DV-Videos DVDs herstellen, ist das zwar eine berückende Idee, doch löschen Sie ihre DV-Kassetten in keinem Fall! DVD-R sind (noch) kein gereiftes, sicheres Medium. Und MPEG-2 ist qualitativ wesentlich schlechter als DV. Also: Originale immer sicher lagern. Und auch die 8mm Filme würde ich trotz erfolgreichem Kopieren nicht wegschmeissen - aber das ist nur ein persönlicher Hinweis.

Christian Hunziker

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