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Kampf der Giganten 2

Vergleich Yamaha Tyros vs. Korg PA1x Pro

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Hardware
Sound
Sequenzer
Zusammenfassung
Kurz nachdem Yamahas Tyros auf den Markt gekommen ist, habe ich mir dieses Instrument zugelegt und es während über einem Jahr bei vielen meiner Auftritte eingesetzt. Ich war mit Tyros sehr zufrieden, was ich an dieser Stelle schon einmal vorweg nehmen möchte. Dennoch ersetzte ich Anfang dieses Jahres meinen Tyros durch eine Korg PA1x Pro. Auch diesens Instrument hat mich bis heute (Ende Juni 2004) bereits bei vielen Auftritten begleitet. Grund genug für mich, diese beiden High End Keyboards einmal miteinander zu vergleichen.

Alles über den Tyros von Yamaha können Sie im separaten Testbericht nachlesen

Die Testbedingungen

Ich glaube, dass ein Test unter Bühnenbedingungen und der erforderlichen Vorbereitung am Instrument sehr aussagekräftig ist. Nach längerem Einsatz lassen sich sowohl die klanglichen Eigenschaften als auch die Bedienbarkeit und die grundsätzliche Technik eines Instruments wesentlich objektiver beurteilen. Damit Sie wissen, welche Anforderungen ich an ein Instrument stelle, hier die nötigen Informationen:

  • Ca. 50% meines Auftritts bestreite ich mit der Begleitautomatik, da ich mittlerweile in Formationen ohne Bassist und Schlagzeuger spiele.
  • Die anderen 50% bestreite ich mit Sequenzerunterstützung. Hier muss ich aber sagen, dass von mir jeder Titel zumindest mitgespielt wird. Alles meine Playbacks sind bearbeitet und bieten genügend Raum für meine 10 Finger. Wäre das nicht so, würde ich einen CD-Spieler mit auf die Bühne nehmen und mich hinter einem 200 Euro Billig-Keyboard verstecken. An dieser Stelle möchte ich auch sagen, dass es mir immer sehr wichtig war, wirklich gut klingende Playbacks zu nutzen. Auch aus diesem Grund habe ich meine Files stets bearbeitet, um mich von dem MIDI-File-Einheitsbrei abzuheben.
  • Die Musikrichtung ist Tanzmusik. Also alles quer durch den Garten, von Jazz Standards über Top Ten Titel bis hin zu Südamerikanisch und gelegentlich auch etwas Volksmusik. Aber wirklich nur gelegentlich!!

Nun kennen Sie die Vorgaben und wir können uns dem eigentlichen Vergleich widmen.

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Der PA1x von Korg - eine echte Alternative!

Hardware

Ein entscheidender Grund für meinen Wechsel von Tyros zu PA1 war die Tastatur. Diese bietet nicht nur eine Oktave mehr, welche ich bei Tyros schmerzlich vermisst habe, sondern ist auch vom Spielgefühl her wesentlich professioneller. Klar, das muss man bei PA1 mit einem höheren Gewicht bezahlen. Tyros war mit seinen 12 kg einfach ein Genuss, wenn es um den Transport ging. Bei der PA1 bedarf es da schon etwas mehr Muskelkraft.

Die Bedienung gefällt mir dafür bei Tyros etwas besser. Alles ist über Taster bedienbar, welche zum einen sehr gut reagieren und zum anderen beleuchtet sind. Bei der PA1 findet die hauptsächliche Bedienung über das Touch-Display statt. Eigentlich mag ich das nicht so, weil das Touch-Display einerseits nicht immer so reagiert wie ich das gerne hätte (liegt aber weniger an mir als an der Technik) und anderseits immer verschmiert ist. Das hasse ich einfach!

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Sound

Dass die Beurteilung der Klangeigenschaften eines Instrument sehr vom persönlichen Geschmack abhängt, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Für meine Ohren klingen die Sounds der PA1x professioneller. Besonders die Gitarren und die E-Pianos sind absolute Highlights dieses Instruments. Seltsam, obwohl ja Yamaha der Erfinder des DX-7 Rhodes Sounds ist, klingt gerade dieser auf der PA1 wesentlich besser. Zugegeben, auch der entsprechende Tyros-Sound ist nicht schlecht, aber für meine Ohren etwas dünn und leblos. Das gleiche gilt auch für die Gitarren. PA1 hat hier nicht nur den besseren Grundsound, sondern wesentlich mehr Eingriffsmöglichkeiten auf den Klang.

Beim so wichtigen Akustik-Piano würde ich auf ein Unentschieden gehen. Yamaha klingt sehr klassisch, Korg eher rockig, was allerdings wiederum meiner Spieltechnik mehr entgegenkommt. Bei den Orgeln überzeugen mich beide Instrumente nicht so richtig. Obwohl PA1 frei definierbare Regler hat, welche bei den Orgelsounds als Zugriegelsystem zum Anfassen genutzt werden können, fehlt einfach der hammondmässige Grundsound. Das gleiche gilt für Tyros. Auch hier klingen die Orgelsounds einfach zu clean, der nötige Schmutz der Hammond fehlt. Grund genug für mich, immer noch auf meine virtuelle Hammond, die Native Instruments B4 zurückzugreifen. Dazu aber später mehr. Alles andere wie Streicher, Synth-Sounds und Bläser sind bei beiden Instrumenten von sehr hoher Qualität. Grundsätzlich aber für meinen Geschmack bei der PA1 etwas professioneller.

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Die Begleitautomatik

Yamaha hat mit der Begleitautomatik des Tyros Maßstäbe gesetzt und PA1 vermag diese nicht zu übertreffen. Die Tyros Styles sind nicht nur vom Feinsten programmiert, sondern auch durch die Bank weg sehr gut einsetzbar. Damit meine ich, dass Yamaha einen sehr guten Kompromiss zwischen professionellen Begleitarrangements und der Einsatzfähigkeit dieser gefunden hat. PA1 glänzt zwar mit vielen wirklich Klasse-Styles, aber "Was soll man bloß dazu spielen?!?" Wirklich gute Standard-Styles sucht man zum Teil vergeblich und wenn man fündig wird, dann nur in mittelmässiger Qualität. Das hat mich sogar veranlasst, für mache Stücke die Begleitung über Tyros mit dem entsprechenden Style zu spielen, das aufzunehmen und als MP3 abzuspeichern, welches dann wiederum in die PA1x übertragen wird und als Playback läuft. Ich spiele dann mit der rechten Hand meine Melodie und lege mit der linken Hand einen Streicher zum andicken darunter und spiele somit auch die Akkorde mit. Im Endeffekt spiel ich also das gleiche wie damals auf Tyros, mit dem Unterschied, dass ich mich nun an den Ablauf des Stückes halten muss, so wie ich es eben eingespielt habe. Aber das nehme ich momentan noch in Kauf, um die absoluten Tyros Highlights wie den English Waltz oder den Slow Rock in gewohnter Qualität einsetzen zu können.

Natürlich bietet auch die PA1 tolle und gut einsetzbare Rhythmen. So sind z.B. die Bossas von herausragender Qualität und auch sämtliche 8 Beats mit akustischer Gitarre als eine der Begleitspuren. Weiterhin entwickelt Korg heftig an dem Styleangebot weiter und bald soll es sogar eine Internetseite geben, auf der Styles kostenlos heruntergeladen werden können. Vielleicht findet sich ja jemand, der ein paar der Tyros-Styles abprogrammiert. (Man möge mir diese Aussage verzeihen!)

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Sequenzer

Ein weiterer Grund für meinen Umstieg zur PA1 ist der Sequenzer. Dieser kann nämlich beim PA1 durch einen MP3-Player erweitert werden. Endlich kann ich meine Playbacks so erklingen lassen wie ich das will. Zur Bearbeitung benütze ich Cubase und verwende dann das Beste an Sounds was ich finden kann. Dazu gehören neben Instrumenten zum Anfassen auch virtuelle Kollegen wie Steinbergs HALion, Wizoo Hypersonic und XPhraze, Native Instruments B4, Virtual Guitarist, Groove Agent usw. usf. Mit etwas Liebe zum Detail und etwas Zeit hebt man sich dann ganz schnell von dem MIDI-File-Soundbrei ab. Die eigenen Playbacks werden letztendlich als MP3 abgespeichert, natürlich mit dem gleichen Freiraum für die eigenen 10 Finger, in die PA1 übertragen und stehen dann anstelle eines MIDI-Files zur Verfügung.

Spielt man MIDI-Files unbearbeitet ab, klingt Tyros etwas ausgewogener. Die Korg hat zwar einige klanglichen Stärken wie z.B. die Drums, aber insgesamt klingen unbearbeitete Files noch etwas holprig. Das soll sich aber spätestens mit dem Betriebssystemupdate auf Version 2.0 ändern, da hier etwas bei der Soundzuordnung getan wird (so zumindest die Aussage von Korg). Hoffen wir, dass dem so ist und Version 2.0 bald kommt.

Des weiteren erhoffe ich mir von Version 2.0 die Behebung eines Missstandes, welcher mir die Freude am MP3 Board schon ganz schön getrübt hat. Betätigt man nämlich den Start-Taster des Sequenzer um ein MP3 Playback zu starten, erfolgt der Start mit einer Verzögerung von ca. 5 Sekunden. Bei manchen meiner Musikstücke ist das sehr ärgerlich und ich kann MP3s nicht einsetzen, da ich absolut im Timing starten muss, da ich den Sequenzer erst im Verlauf des Stückes einstarte. Aber auch bei Songs, in denen der Sequenzer von Anfang an mitläuft, ist diese Startverzögerung sehr unangenehm. Galt ich bisher in meinen Bands als einer derjenigen, die am schnellsten einsatzbereit sind, müssen nun alle auf mich warten und das ärgert mich. Ich habe meinem Unmut auch schon im Korg-Keyboards-Forum Luft gemacht, wurde zunächst mit unbefriedigenden Standard-Schwafel-Antworten abgespeist, aber nun haben es wohl die Korgianer verstanden und Besserung geschworen. Hoffen wir, dass sich eine Lösung finden lässt, ansonsten wird das teure optionale MP3 Board eher was für Backgroundmusik vor dem eigentlichen Auftritt.

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Die Bedienung

Die grundsätzliche Bedienung geht nach etwas Einarbeitungszeit bei beiden Instrumenten schnell und sicher von der Hand, bei Tyros vielleicht noch etwas schneller und sicherer. Für mich aber ist die Bedienung auf der Bühne wesentlich entscheidender. Hier lege ich Wert auf gute und schnelle Zugriffsmöglichkeiten in das klangliche Geschehen und auf das schnelle und sichere Abrufen meiner Komplettregistrierungen. Bei den Zugriffsmöglichkeiten hat die PA1 durch seine bereits erwähnten Schieberegler die Nase vorn. Man kann schnell und sicher eingreifen um z.B. Lautstärkeverhältnisse anzupassen. Bei dem schnellen Aufruf von Komplettregistrierungen mag das Konzept von der PA1 noch nicht zu überzeugen. Komplettregistrierungen werden im so genannten Songbook gespeichert, hier sogar mit Namen des Stücks. Leider aber findet man später nur eine alphabetische Liste vor und möchte man von einem Stück mit dem Buchstaben "A" zu einem Stück mit dem Anfangsbuchstaben "Z", so muss man sich mit dem Eingaberad durch sämtliche Einträge wühlen. Hier fehlt einfach der schnelle Aufruf einer solchen Registrierung über die Eingabe einer Programmnummer. Das soll laut Korg auch mit Betriebssystem 2.0 gelöst werden, aber wohl oder übel über das Touch-Display. Wie ich zu dem stehe, haben Sie ja bereits gelesen.

Bei Tyros geht die Anwahl der Komplettregistrierungen schneller vonstatten, aber auch dieses Konzept vermag mein Lieblingskonzept nicht zu übertreffen: Mein Tyros-Vorgänger, das Yamaha 9000 Pro erlaubte es, die Nummerntastatur einer Computertastatur anzuschliessen und über diese durch numerische Eingabe die Performancespeicher anzusprechen. Einfach eine Klasse Lösung, die leider von Yamaha bei Tyros gestrichen wurde.

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Fazit

Als ich die PA1 bekam, war ich noch im Besitz von Tyros. Nachdem ich PA1 dann ausprobiert hatte, kam ich zum Entschluss bei Tyros zu bleiben. Ein Hauptgrund war, dass die Begleitautomatik einfach für meine Anwendung besser war. Weiterhin war auch das MP3 Board für die PA1 noch nicht verfügbar und somit waren mir in Bezug auf Playbacks zunächst die Hände gebunden.

Nachdem sich das geändert hat und ich quasi in einer Nacht-und-Nebel-Aktion das gesamte Programm vom immerhin drei verschiedenen Formationen auf die PA1 übertragen musste, begann ich mich mit dem Instrument richtiggehend anzufreunden und seine Stärken für mich zu nutzen. Glücklicherweise habe ich immer noch Zugriff auf einen Tyros und konnte mittlerweile in aller Ruhe die wirklich guten Sachen auf dem oben beschriebenen Weg in meiner PA1 um klingen bringen. Mittlerweile bereue ich den Umstieg nicht mehr und habe das Gefühl mich verbessert zu haben - und so soll es ja auch sein. Mit Spannung warte ich jetzt auf weitere Betriebssystemupdates für die PA1, die für mich weitere wichtige Verbesserungen versprechen.

Christian Deinhardt

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