Yamaha DX-7 II FD

Ein bald 20jähriger Synthesizer und eine gute Empfehlung? Einverstanden, der Original DX-7, der schon bald sein 20jähriges Jubiläum feiern kann, wird heute kaum mehr als "empfehlenswert" eingestuft, da die Möglichkeiten und Stimmenzahl limitiert und die Wandler für heutige Begriffe zu stark rauschen. Doch damals, im Winter 1983, wurde jeder hellhörig, der diesen Synth zum ersten Mal zu hören bekam. Die FM-Synthese ist meiner Meinung nach auch heute noch aktuell und spannend, und wird ja auch immer wieder – in abgeänderter oder ergänzter Form – eingesetzt.yamaha dx-7

Das DX-7 Modell, das ich als absolut empfehlenswert einstufe, ist die erste Weiterentwicklung, das Modell mit der Bezeichnung II hinter dem Kürzel und sollte wenn möglich noch mit einem "FD" erweitert sein. F steht für Floppy Drive, mit dem man auf elegante Weise den Speicherinhalt des Instruments auf günstige Floppys abspeichern kann. Die Möglichkeit, auch Fremddaten zu speichern, wurde durch die begrenzte Datenmenge jedoch bald verbaut. Ohne Floppy hat der Synth noch die Bezeichnung D (Deluxe?). Es gibt auch noch ein S-Modell (für Standard?), das ich jedoch nicht empfehle, da die Möglichkeiten wiederum zu stark begrenzt sind.

Der DX-7 II ist 16-stimmig, im Performance-Modus sogar nur 8-stimmig polyphon und sendet immer auf MIDI-Kanal 1 (nicht veränderbar!), empfängt jedoch auf zwei frei einstellbaren MIDI-Kanälen. Seine Ausstattung und Leistungen sind für heutige Begriffe beinahe lächerlich … man muss also schon wissen, wofür man ihn einsetzen will.

Tastatur

Als ich an meinem neuen Domizil ein Einspiel-Keyboard für mein MIDI-Equipment benötigte, konnte ich nicht viel investieren, ein neues Instrument wäre nicht in Frage gekommen; also suchte ich nach dem besten Kompromiss.

Die Tastatur des DX-7II FD ist zwar "nur" 5-oktavig (= 61 Tasten); das bedeutet für mich, dass ich ab und zu die Transpose-Funktion des MIDI-Sequenzers benützen muss, um gewisse Töne, vor allem im Bassbereich, aufzeichnen zu können. Das mühsamste ist wohl die für mich besser klingende Pauke des Drumsets, die ausgerechnet auf B0 zu finden ist. Doch in den meisten Fällen genügt der Tastatur-Umfang für meine Bedürfnisse.dx-7 occasion

Die Qualität der Tastatur ist ein wichtiges Kriterium. Natürlich sind die Geschmäcker verschieden, was Tastaturen angeht; die DX-7II Tastatur gehört jedoch in die Kategorie "ausgezeichnete, leichtspielbare und zuverlässige Synthesizer-Tastatur". Sie ist ungewichtet und leichtgängig, bietet jedoch (fast) alles, was das MIDI-Herz begehrt (vergl. Einschränkungenweiter oben).

Bei der Wahl einer Occasion sollte man einen anschlag-dynamischen Klang wählen, den man womöglich kennt, und diesen auf allen 61 Tasten in grösstmöglicher Dynamik spielen. Ich hatte auf meiner Suche , die drei Wochen dauerte, vier verschiedene Instrumente zur Wahl. Alle Tastaturen befanden sich immer noch in hervorragendem Zustand, was man nach dem ersten Augenschein der Instrumente nicht vermutet hätte. Ein Tip: Wenn alle Tasten immer noch schön ausgerichtet eine klare Linie bilden wie im obigen Bild, weist dies meist auf eine gepflegte Tastatur hin. Bei Höhenunterschieden sollte man vorsichtig sein (ausgeleierte Federn, gespaltene Kunststoffteile usw.)

Sounds

Die Originalsounds, die mit dem DX-7II geliefert wurden, kratzen nur die Oberfläche der FM-Synthese-Möglichkeiten, doch gibt es im Internet Tausende von Sounds für den DX-7, die man gratis downloaden kann. Wer auf das Programmieren eigener Klänge verzichten will – es ist zwar möglich, erfordert jedoch ein längeres Einarbeiten in die "Geheimnisse der FM-Sythese" – kann schon vieles durch das persönliche Zusammenstellen von Performances erreichen, dem Verbinden zweier DX-7 Klänge mit kleineren Eingriffmöglichkeiten.display

Für mich ist der DX-7II immer noch der "Herr der E-Pianos", doch auch andere Klangbereiche, von glockig bis orgelähnlich, sind einmalig in der FM-Synthese. Im Stereo-Modus klingen die Sounds enorm voll und breit. Mit einem (alten) Effektgerät kann man die Klänge zusätzlich gehörig aufmotzen.

Während der Ur-DX-7 mit seinen 12-bit Wandlern enorm rauschte (und unter anderem auch deshalb nicht empfehlenswert erscheint), haben die 16-bit Wandler der DX-7II dieses Manko eigentlich behoben. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Höhe des Rauschanteils stark von der Impedanz des Mischpultes abhängt.

Schalter und Display

Vor dem Kaufentscheid sollte man unbedingt darauf achten, ob all die Schalter funktionieren. Live-Instrumente litten oft allzu sehr unter verschütteten Getränken, Nikotin- resp. Teer-geschwängerter Luft und enormen Temperaturschwankungen (schon mal an einem Sylvester in der Schweizer Bergen gespielt?). Von meinen vier Testkandidaten hatten zwei echte Schalterprobleme, die so leicht nicht zu eliminieren sind.

Das Display des DX-7II ist zwar nicht riesig, bietet jedoch wichtige Informationen; die Beleuchtung sollte hell und klar sein (siehe oben).

Letzte Kontrollen

Wenn alle Tests zur Befriedigung ausgefallen sind, sollte man nicht vergessen, einen der Schwachpunkte viele Keyboards zu kontrollieren: Das rückseitige Anschlussfeld. Da die Jack- und MIDI-Stecker ungeschützt hinten aus dem Instrument hinausragen, können sie leicht abgedrückt werden, was bei MIDI meist den Stecker, bei den Audio- und Schalteranschlüssen jedoch oft die Buchsen vermurkst, was auf den ersten Blick von aussen nicht leicht erkannt wird. Mit einem Jackkabel (oder auch nur einem Stecker) sollten alle Buchsen rasch mechanisch überprüft werden: Falls der Einsteckwinkel nicht 90 Grad beträgt. muss die Buchse genauer untersucht werden.

Was darf er denn noch kosten

Es ist erstaunlich, dass auch die Ur-DX-7 heute noch für 300 Franken gehandelt werden. Für einen DX-7II in guten Zustand muss man immer noch 400 bis 800 Franken hinblättern. Ich bezahlte für meinen 420 Franken, da er äusserliche Schönheitsfehler aufwies, die ich später mit etwas Geduld und wenig Chemie beheben konnte. Von der Bedienerseite her war das Instrument jedoch gepflegt, alle Schalter funktionierten, alle weissen Tasten waren auf gleicher Höhe … und nach ein paar Stunden Reinigungsarbeiten – auch die Buchsenkontakte wollten gereinigt sein – hatte ich ein Instrument, mit dem ich alle MIDI-Aufgaben meistern kann und das einen Killer-E-Piano-Sound bringt.

Christian Hunziker

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