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Kampf der Camcorder Flaggschiffe

Vergleich Panasonic HC-X900M und Sony HDR-PJ740

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Seite an Seite, bereit für den Vergleichstest: Sonys HDR-PJ740 und Panasonics HC-X900M

Technologien ändern sich, und da mein auf DV-Kassetten aufzeichnender HDV Reise-Camcorder - ein Sony HDR-HC7 - nach 5 Jahren intensiver Nutzung langsam aber sicher ersetzt werden soll, wollte ich genau wissen, was die neuste Generation der Prosumer Camcorder zu bieten hat.

In diesem Vergleich konzentriere ich mich auf das, was mir persönlich wichtig ist: Aussergewöhnlich gute Bildqualität (inkl. korrekte Farben) in möglichst vielen verschiedenen Situationen, Weitwinkelobjektiv (bisher benütze ich einen Weitwinkeladapter, der jedoch nicht nur mühsam im Handling war, sondern auch die Bildqualität nicht eben optimierte), einfache Handhabung (auch wenn man sich nicht täglich mit dem Camcorder beschäftigt), schnelle Bedienung (damit keine Szenen verpasst werden), gute Fertigungsqualität (sollte schon ein paar Stösse aushalten).

Das Panasonic Flaggschiff HC-X900M hatte ich eben auf Herz und Nieren geprüft (detaillierter Testbericht hier) und von Sony hatte ich zuvor das "Volksmodell" HDR-PJ260 unter die Lupe genommen (detaillierter Testbericht hier).

Obgleich mich der Canon M41 (Testbericht hier) in diversen Details faszinierte, kam kein aktuelles Canon Modell in die engere Wahl, da es auch 2012 keinen Canon Camcorder mit Weitwinkelobjektiv im angestrebten Preissegment von brutto unter 1800 Franken gibt.

3D ist für mich (momentan noch) kein Thema, da die Nachbearbeitung am Computer und das Brennen eigener Blu-Ray Scheiben im 3D-Format zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht oder nur mit riesigem Aufwand möglich sind.

Sony PJ260 vs. PJ740

Um Wiederholungen zu vermeiden, hier die wichtigsten Unterschiede zwischen dem bereits getesteten PJ260 und dem eben angekommenen PJ740 von Sony.

Das Objektiv, beim PJ740 von Zeiss mit dem grossen Weitwinkel von 26, hat zwar «nur» ein 10x Zoom, dafür einen wesentlich grösseren, hochauflösenden CMOS Sensor, mit beinahe der dreifachen Pixelzahl. Das mit 3 Inches zwar gleich grosse LCD Display bietet eine viermal bessere Auflösung (921.000 Pixel). Auch der Projektor ist mit über 20 Lumen wesentlich lichtstärker. Der interne Speicher wurde verdoppelt (32 GB) und ein grösserer Akku soll trotz höherem Stromverbrauch 100 statt 85 Minuten Aufnahme erlauben.

Zusätzlich bietet die PJ740 einen Sucher, eine Not-Videoleuchte, einen eingebauten Blitz, eine Kopfhörerbuchse, eine Fernbedienung sowie die Zusatzfunktionen Nightshot und Cinema Tone. Dafür ist das Topmodell nicht nur mehr als doppelt so teuer, sondern auch etwas grösser und einiges schwerer (laut Datenblatt 580 g statt 320 g ohne Akku).

Da mich schon die Bildqualität des PJ260 überraschte, war ich nun doppelt gespannt auf die Qualität des PJ740.

Sony HDR-PJ740 vs. Panasonic HC-X900M

Er ist schwer, der PJ740 Camcorder. Auch wenn der Gewichtsunterschied zum Panasonic X900M nicht immens erscheint - mit dem beiliegenden Akku eingeschoben kommt man bei Sony auf 624 g, bei Panasonic auf 486 g - wird er sich auf die Länge bemerkbar machen.

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Die Pana (rechts) hat ein etwas grösseres Display und die Benützericons sind grösser und besser erkennbar

Steady shot!

Was mir sofort auffiel: Im Camcorder Innern scheint etwas locker zu sein, etwas bewegt sich, wenn man das Gerät leicht schüttelt. Da mir dies nicht geheuer erschien, wandte ich mich an Sony - und erhielt "zur Sicherheit" eine neues Testmodell. Allerdings war der Unterschied nicht allzu gross.

Der Rätsels Lösung: In Sonys Topmodellen wurde ein neuartiges, aufwendiges Steady Shot System eingebaut, das sogar grössere Schwankungen ausgleicht. Ist der Camcoder ausgeschaltet, spürt und hört man diese flexibel gelagerte Einheit bei jeder grösseren Bewegung. Im aktiven Modus (Standby oder Rec) ist kaum mehr etwas zu spüren. Doch der Nutzen ist immens: Gehaufnahmen z.B. wirken noch ruhiger als beim PJ260 und wesentlich ruhiger als beim X900M.

Und ... Äggschen

Seit über 20 Jahren verwende ich Sony Camcorder und habe mich oft darüber enerviert, dass bei jedem Modellwechsel bei den «professional series» Bedienelemente und Anschlüsse neu gesucht werden müssen. Bei den Consumergeräten war es zwar ähnlich, doch seit die Bedienung mehrheitlich über den Touchscreen erfolgt, sorgt höchstens die Menüstruktur für Verwirrung.

Beim PJ740 ist eigentlich alles auf Anhieb klar, wenn nur der Text und die Icons ein paar Pixel grösser wären. Im hellen Sonnenlicht war es mir nicht möglich, eine zuvor eingestellte Funktion wieder rückgängig zu machen. Ich musste zuerst in den Schatten, um den kleinen Text lesen resp. die Mini-Icons erkennen zu können. Das hat Panasonic besser gelöst.

Doch abgesehen davon ist das Handling - vor allem nach kurzer Einführungsphase - problemlos und einfach.

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Side by side: Die Pana (rechts) ist etwas länger, wirkt rein äusserlich etwas eleganter

Automatik

Ich gehöre zu den Leuten, die mit einem Ein-Hand-Camcorder spontan filmen wollen. Deshalb verwende ich in den meisten Fällen die Automatik. Das gilt vor allem für den schnellen und korrekten Weissabgleich in den verschiedensten Situationen, sowie die rasche Scharfstellung. Meine bisher ausgezeichneten Erfahrungen mit Sony Camcordern wurden auch vom PJ740 bestätigt. Gerade was den Weissabgleich betrifft, ist der PJ740 eindeutig treffsicherer/korrekter als der X900M.

Auch in Lowlight Situationen punktet die Sony punkto Auflösung; das automatische Fokussieren im «Dunkeln» kann jedoch der Panasonic etwas schneller und dezidierter.

Dafür verfügt die Sony über eine integrierte 2LED Videoleuchte, die sich in aussergewöhnlichen Situationen als hilfreich erweisen könnte (grösserer Akku ist bei längerem Gebrauch empfehlenswert).

Manuell

Im Panasonic Test lobte ich den Objektivring, mit dem man effizient und praktisch manuelle Anpassungen vornehmen kann. Etwas weniger flexibel ist Sonys Frontrad, mit dem nur EIN Parameter aufs Mal verändert werden kann. Wechselt man den Parameter, stellt sich der vorgängig veränderte auf Automatic zurück. Dafür ist der Umschaltknopf manuell/automatisch bei der Sony wesentlich besser platziert, nämlich in der Mitte des Frontrads.

Für Leute, die flexibler manuell arbeiten wollen, geht der Punkt trotzdem an Panasonic.

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Zeiss oder Leica? Beide Objektive überzeugen bis ins Detail

Objektiv

Beide Camcorder verwenden Objektive, die entweder von renommierten deutschen Firmen stammen oder in Zusammenarbeit entwickelt wurden (Zeiss resp. Leica Dicomar). Beides sind Weitwinkelobjektive, das Zeiss des Sony beginnt bei 26 mm mit 10fach Zoom, das Leica des Panasonic beginnt bei 29,8 mm und hat ein 12fach Zoom (alle Zahlen umgerechnet auf 35mm Objektive). Dank der grösseren als für Full HD benötigten Pixelzahl der Sensoren verfügen beide Modelle über ein sogenanntes «intelligent Zoom»: Sony erweitert damit auf 17fach, Panasonic auf 23fach.

Sucher

Beide Camcorder verfügen über einen passablen Sucher, der vor allem in hellen Situationen für mich unabdingbar ist. Derjenige der X900M ist etwas klarer, aber die Unterschiede sind klein. Derjenige der Sony kann nach oben abgeknickt werden, ein Vorteil, wenn man nicht aus Augenhöhe filmen will.

Verdikt: Leichter Vorteil für Sony.

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Der nach oben abklappbare Sucher der Sony

Aufnahmeteil

Beide Camcorder zeichnen entweder auf den internen Speicher (32 GB) oder SDHC/SDXC Karten bis max 64 GB auf und bieten diverse Kopiermöglichkeiten. Die Verbindung zum Rechner geschieht via USB 2.0.

Auch die AVCHD Aufzeichnungskompression ist vergleichbar, wenn auch nicht absolut identisch. Sony bietet auch noch 1440x1080 Formate, vor allem praktisch, wenn man mit HDV Material kombinieren will/muss.
Verdikt: unentschieden.

Backup

Will man den internen Speicher (32 GB) ohne Computer auslagern, besteht bei der Panasonic die Möglichkeit, den gesamten Inhalt 1:1 auf eine SD-Karte zu kopieren. Im weiteren empfiehlt Panasonic, einzelne Teile mit einem als Sonderzubehör erhältlichen DVD-Brenner auf DVDs zu speichern, eine etwas mühsame Art, wie ich finde, haben doch auf einer DVD nur etwas mehr als 4 GB Platz.


Besser ist da Sonys Alternative: Mit dem Zusatzkabel Sony VMC-UAM1 (leider nicht im Lieferumfang) kann man sowohl den Inhalt des Internen Speichers als auch einer SD Karte auf eine x-beliebige USB Festplatte kopieren, ohne Rechner!

Achtung: Auch wenn es identisch aussehende USB Verbindungskabel gibt, nur dasjenige von Sony funktioniert.

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Links die Panasonic, etwas schlanker und länger, rechts die etwas «bulligere» Sony

Natürlich wollte ich das nicht nur gelesen haben, sondern auch selber ausprobieren: Für 19 Franken erwarb ich ein solches Sony-Kabel. Der erste Versuch mit einer «LaCie rugged» Festplatte klappte nicht, da die LaCie zuviel Strom benötigt. Also versuchte ich es mit einer «WD Passport», die ich zuvor partitioniert hatte. Das klappte schon besser, doch die Partitionen wurden nicht als solche erkannt und der Camcorder wollte die Festplatte neu formatieren. Das ging schnell. Und auch das Kopieren des internen Speichers funktionierte relativ zügig.

Laut Sony merkt die interne Software, was nach einer erneuten Aufnahme kopiert werden muss - und wirklich funktionierte auch dies reibungslos und schnell, da nur die neuen Dateien hinzugefügt wurden.

Gespannt war ich, was geschieht, wenn der interne Speicher gelöscht und sozusagen von vorn begonnen wird. Auch dies meistert der Sony Camcorder ohne «mit der Wimper zu zucken». Einziger Schönheitsfehler: Zumindest im Mac habe alle Dateien das Kopierdatum und nicht das Aufnahmedatum, doch sie sind zumindest schön der Reihe nach numeriert.

Beschränkungen: es können maximal 3999 HD Movies (= Start/Stopp Aufnahmen), 9999 SD Movies und 40'000 Bilder gespeichert werden, auch wenn das externe Medium noch Platz hätte. Und man kann zwar Dateien vom externen Medium sogar via Camcorder wiedergeben, jedoch nicht in den Camcorder zurückkopieren.

Was Backup angeht ist also der Sony Camcorder dem Panasonic Modell weit überlegen.

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Unter dem Display: Die Sony deckt die HDMI- und USB-Buchsen sowie den SD-Kartenslot ab ...

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... was nicht nur die Anschlüsse schützt, sondern auch einen Kartenwechsel vereinfacht!

Zusätze

Das Topmodell von Sony verfügt, wie schon erwähnt, über einen lichtstarken eingebauten Projektor, der in gewissen Fällen hervorragende Dienste leisten kann. Ebenfalls integriert ist das gleiche GPS Modul, das schon im PJ260 Test besprochen wurde.

Wer auf diese beiden Zusätze sowie den internen Speicher verzichten will, findet im HDR-CX730 alle übrigen Spezifikationen und spart abgesehen vom den 530 Franken (Bruttoanschaffungspreisdifferenz) erst noch an Breite (4 mm weniger) und Gewicht (35 g weniger).

Entscheidungen

Trotzdem ich beide Camcorder mehrere Wochen im Einsatz hatte, meist Seite an Seite, fiel mir eine definitive Entscheidung immer noch schwer. Beide haben ihre Vor- und Nachteile, sind jedoch in vielen Punkten ähnlich bis gleich.

Da ich diesen Camcorder vor allem auf Reisen einsetzen werde, wo kaum Stative eingesetzt werden können, spricht die bessere Stabilisierung für den Sony. Ebenso die zuverlässige und schnelle Automatik.

Der Panasonic punktet mit dem etwas grösseren Display und der besseren Erkennbarkeit von Text und Logos auf diesem Display. Auch mit dem grösseren Zoom und der minim besseren Videoqualität hat der X900M die Nase vorn.

Was mich bei der Panasonic etwas irritierte, war der Lüfter. Das spricht also für die lüfterlose Sony.

Bei der Fotoqualität läuft der Sony der Pana klar den Rang ab.

Da ich weder GPS noch den Projektor wirklich benötige, würde ich ohnehin die HDR-CX730 wählen, die allerdings keinen internen Speicher hat. Doch SD-Karten werden immer billiger. Momentan (Sept. 2012) kostet eine schnelle 32 GBVideo Karte rund 40 Franken.

Kommen wir also zum Preisvergleich (gerundete Internet-, nicht Katalogpreise, Stand Sept. 2012):

Panasonic HC-X900M 1100.- (32 GB interner Speicher)
Sony HDR-PJ740E 1200.- (32 GB interner Speicher, GPS, Projektor)
Panasonic HC-X909 940.- (wie 900M, ohne Speicher)
Sony HDR-CX730E 900.- (wie PJ740, ohne Speicher, GPS, Projektor)

Zieht man alles in Betracht, ist Sony etwas günstiger - was übrigens auch für Zubehör wie (unbedingt empfehlenswert) grössere Zusatz-Akkus und Garantieverlängerung zutrifft.

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Die Panasonic verbirgt nur weniges unter dem Display. Die grosse runde Öffnung ist der Lüfter. Die Batterie wird seitlich ausgefahren. Die SD-Karte muss von unten eingeschoben werden (nicht praktisch, wenn auf einem Stativ montiert).

Der letzte grosse Vergleichstest

Um zu einem definitiven Entscheid zu gelangen, machten wir mit beiden Camcordern Aufnahmen an einen Grossanlass in Burgdorf und benützen die Fahrt für typische Reiseaufnahmen aus dem und im fahrenden Auto. In aller Ruhe verglichen wir danach die Aufnahmen auf einem grossen (Panasonic) Plasma Fernseher.

Resultat: Beide Camcorder liefern ähnlich exquisites Bildmaterial. Ein wesentlicher Unterschied ist und bleibt der Stabilisator, der sowohl bei Gehaufnahmen als auch im Auto zwischen «brauchbar» und «nur im Notfall zu verwenden» entscheidet. Hier ist Sony klar im Vorteil.

Kleinere Unterschiede waren im Ton und den etwas natürlicheren Farben zu finden. Auch hier leichter Vorteil für Sony.

Fazit

Es sind zwei wesentliche Fakten, die für eines der zwei Sony Modelle sprechen: Der wesentlich bessere Steady Shot und die einfache Back-up Möglichkeit auf eine externe USB-Festplatte ohne Rechner. Die weiteren, kleinen Pluspunkte werden - zumindest für mich - den definitiven Entscheid noch erleichtern.

Christian Hunziker

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