CES 2003

Intro
Immens
Trends
DVD-Brenner
Musikinstrumente
MP3
Zum Schluss
Der Januar ist in den USA nicht nur der erste Monat eines neuen Jahres sondern auch gleich der Beginn einer neuen Saison unzähliger Award Shows und grosser Messen.

Den Auftakt der Award Shows – das sind die drei- bis vierstündigen Fernsehveranstaltungen, in denen sich die Künstler selbst beweihräuchern, Statuettchen überreicht werden, tausend Dankesworte zu hören sind, sich jedoch niemand auf die Dankesrede vorbereitet hat, da man ja völlig überrascht wurde vom "Sieg" in der Kategorie usw. usf. – machten auch dieses Jahr die AMA, die "American Music Awards" und bis zu den Oscars (sozusagen der krönende Höhepunkt der Saison) dürften inetwa 20 weitere Preisverleihungen stattfinden.

Den Auftakt zur Messesaison machte – wiederum mit einem Tag Vorsprung – die Mac World Expo in San Francisco, an der die erwähnenswerten Neuigkeiten wohl der grösste und der kleinste Mobilcomputer sowie die "Familienversion" der Videobearbeitungssoftware Final Cut Pro (Final Cut Express) waren.

Doch wie erwähnt: Einen Tag später öffnete die CES, die Consumer Electronics Show, ihre Tore in Las Vegas (www.CE.org). Und wie so üblich: Im Jahre 2003 war die CES, die grösste Elektronik Show der Welt, noch grösser: Mehr Aussteller mit grösseren Ständen in erweiterten Hallen zeigten der ebenfalls gewachsenen Besucherzahl aus aller Welt mehr neue Güter.

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Immens

Wenn ich sage "gross", so ist dies bei der CES eine völlige Untertreibung: Ich habe an drei vollen Tagen von 9 bis 6 mit einer kurzen Mittagsverschnaufpause die Hallen durchschritten und nehme an, nicht mal die Hälfte des Angebots gesehen, geschweige denn näher unter die Lupe genommen zu haben. Sicher: Vieles hat mich persönlich gar nicht interessiert: Ich höre zwar gerne Musik im Auto, doch würde es mir nicht im Traum einfallen, meinen fahrbaren Untersatz mit Audioelektronik auszurüsten, die mehr kostet, als das neue Auto. Ich habe schon genug Mühe mit den vorbeifahrenden Subwoofern, deren Rap-Bassdrum das ganze Haus erschüttert. Oft habe ich mich schon gefragt, was diese Frequenzen wohl im Fahrzeuginnern für eine Ohren betäubende Wirkung haben müssen.

Eingepackt in Lautsprecher - hier hinter der Windschutzscheibe und natürlich hinter dem Fahrer- und Beifahrersitz - kann man sich in spartanischen, aber gestylten Schalensitzen einer Vollkörpermassage der Subwoofer hingeben.

Sicher, die Prototypen sehen gut aus, doch wenn ein komfortabler Fünfplätzer zu einem engen Zweisitzer wird, weil der Rest mit Lautsprechern und Verstärkern aufgefüllt wurde – und was soll ein Fernsehschirm in der Fahrertür? Aber die Besucher der Nordhalle schienen begeistert und umlagerten die Autos.

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Was ich alles verpasste

Ich sagte schon: Die Zeit reichte niemals für alles! So sah ich nicht die zwei Hallen im Hilton Convention Center, in denen kleine Newcomerfirmen aus China, Taiwan und Korea ihre abertausenden von Billigstprodukten zeigten, Produkte, die oft wenig später als OEM unter einem wohlklingenden Namen zum zehnfachen Preis auf den Markt gelangen.

Ebenfalls verpasste ich diesmal den HighEnd-HiFi-Teil der CES, der wiederum im Alexis Park, einem separaten Hotel abgehalten wurde.

Und in den 5 aktiven Hallen des Las Vegas Convention Centers wird man auch mit den besten Vorsätzen und geschärften Sinnen einiges nicht wahrnehmen.

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Trends

In den beiden Südhallen fielen mir vor allem die immer kleiner werdenden Mobiltelefone und die dazu passende Flut von Telefonzubehör auf. Ich muss gestehen, dass ich nach einer zweijährigen Versuchsphase (damals noch in der Schweiz) meine Mobiltelefonerfahrungen abbrach und beschloss zu warten, bis die Technik mir der Kabeltelefonie qualitativ ebenbürtige Verständigungsqualität bieten würde. Ich warte immer noch.

Das ist wohl mit ein Grund, wieso ich viele Gadgets wie farbig blinkende Telefonersatzschalen und neue, gesamplete Anrufmelodien nicht im Detail erforschte – doch die Mobiltelefonie mit all ihren Zusätzen soll eines der grössen Geschäfte in diesem Jahr werden.

Natürlich sind sie lustig, die Telefone mit integrierter Kamera. Nur der Werbung, die die strahlende Grossmutter zeigt, die eben in ihrem Handy das neuste (briefmarkengrosse) Bildchen ihres Enkels bewundert, traue ich nicht ganz: Ich kenne persönlich keine ältere Dame, die sich mit Handybildschirmen rumschlagen würde.

Schon an der Eröffnungspressekonferenz wurden uns Software CDs in die Hand gedrückt: Gleich drei Firmen glauben, dass das grosse Geld (und darum geht es ja bei der Einführung neuer Produkte) 2003 in der Digitalfotografie liege. Dank der gesteigerten Qualität und der gesunkenen Preise würden Digitalkameras bald in jedem Haushalt zumeist in mehrfacher Ausführung zu finden sein. Und nun gäbe es natürlich sofort ein neues Problem zu lösen: Wie organisiere und speichere ich all die geknipsten Bilder, von denen ich ja nun, da sie gratis sind, hunderte, wenn nicht tausende mache? Eben, mit der Software XY! Natürlich sind auch die Druckerhersteller (die ja bekanntlich an der Tintenpatronen mehr verdienen als an den Druckern)sofort mit neuen Produkten da, mit denen man all die Schnappschüsse sofort und ohne Computer ausdrucken kann. CD- und DVD-Brenner werden benötigt, um die Slideshows und die PowerPoint Präsentationen für die Ewigkeit zu sichern.

Der einäugige ER1, das persönliche Roboter System, das ich in den Schlussgedanken erwähne, ist nur ein Beispiel, was man aus dem Baukasten der Firma Evolution Robotics zusammenstellen kann. Jeder lernfähige Roboter kann auch konstruktionsmässig den persönlichen Anforderungen angepasst werden.

Und da wir ja stets mit allem in Verbindung sein wollen, gibt es (Bill Gates kündigte es vor einem Jahr an)drahtlose Verbindungen für so ziemlich alles. Das ist ja gut und recht, aber haben Sie sich auch schon mal über die toten Batterien in Ihrer drahtlosen Maus geärgert? Alles Drahtlose benötigt eine eigene Energiequelle. Batterien sind zwar zugegebenermassen in den letzten Jahren wesentlich besser geworden, doch wir kennen alle Murphys Gesetz: Genau wenn wir sie unbedingt brauchen, sind sie leer!

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DVD-Brenner

Es herrscht immer noch Krieg zwischen den DVD Recorder Herstellern. Die Gruppe um Pioneer, das RDVDC (Recordable DVD Council, www.rdvdc.org), die Entwickler des DVD-R Formates, nennt dieses Format nun "Real DVD" (Name geschützt!)und lässt keinen guten Faden an dem immer grösser werdenden und mehr Marktanteile einheimschenden Kontrahenden, der Gruppe um Philips, die DVD+RW Alliance (www.dvdrw.com) die Entwickler und Verfechter des DVD+RW Formats. Dabei wäre es so einfach! Sony und NEC machen es vor: Man bringt einen Brenner auf den Markt, der alle Formate beherrscht.

An beiden Pressekonferenzen wurde über das andere Format gelästert und beide Parteien bewiesen anhand ihrer Statistiken und Säulengrafiken, dass die Gegner keine Chance hätten. Doch auf spezifische Fragen aus dem Journalistenkreis kamen nur lauwarme, unverbindliche Antworten.

In einem war man sich allerdings einig: Die Preise für interne Computer DVD-Recorder würden noch in diesem Jahr unter die 150 $ Marke fallen, Standalonemodelle, die den herkömmlichen VHS-Recorder ersetzen sollen, würden bis zum Jahresende für unter 500 $ zu haben sein – immer noch zu teuer für die meisten Konsumenten, wie ein Kollege passend anmerkte, da VHS-Recorder inzwischen für 50 $ zu haben sind.

Damit man in einem Gerät sowohl DVDs als auch VHS Tapes benützen kann, gibt es nun auch die Kombigeräte. Natürlich erlaubt es die integrierte Software nicht, dass man damit DVDs kopiert, doch ist es allgemein bekannt, dass es für die meisten Geräte im Internet sogenannte Hacks gibt, mit denen die Kopiersperre aufgehoben werden kann.

Unter den DVD-Brennern fiel mir ein kleines, transportables Modell besonders auf: QUE! (www.qps-inc.com), Hersteller externer CD-Brenner, zeigte das Modell 007 Digimate, das in diversen Varianten verfügbar sein wird. Das momentan verfügbare Modell ist ein CD-Brenner mit integriertem Cardreader, der sowohl PCMCIA als auch einen 4-in-1 Flashcard Leser aufweist. Somit kann man ohne Computer den Inhalt der Flash-Karte – seien das Bilder oder MP3 Files - direkt auf eine CD brennen. Im dritten Quartal sollen dann DVD-Brenner Varianten verfügbar sein, nach Wahl im + oder – Format.

Der Digimate von QUE! mit den seitlich aufsteckbaren Zusatzbatterien wird in den verschiedensten Ausführungen hergestellt. Laut Pressesprecher sollen beide DVD-Formate erhältlich sein, nur ein Kombi-Brenner ist nicht vorgesehen, solange dieses Modell zu dick sei.

Ebenfalls integriert ist die PowerPointPlayer Software. So kann man denn seine PP-Präsentation auf irgend eine CD oder DVD Brennen und im Digimate ohne Computer abspielen, mit all den Möglichkeiten, die man auch im Computer hätte. Auch wird man zwischen USB 2 und Firewire wählen können. Die mitgelieferte Software ist sowohl Mac als auch PC tauglich. Die diversen Modelle sollen zwischen 299 und 499 US$ kosten.

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Musikinstrumente

Ja, das gab es auch an der CES, allerdings in sehr kleinem Rahmen, dafür live: In der Zentralhalle zeigte Casio seine neusten Keyboards, ein für mich eher überraschender Neueinstieg in die Oberklasse, während ein paar Schritte weiter Yamaha seine Konsumentenprodukte von einem groovigen Quartett vorführen liess, darunter ein Drummodul mit gesampelten Stereosounds für den Hausgebrauch.

Und gleich zwei Hersteller erregten Aufsehen mit ihren Produkten, allerdings mehr wegen der Auftritte ihrer Promotiontruppe als durhc das Produkt selbst, das alles andere als neu ist: Den Leadsinger (www.leadsinger.com), das Mikrofon mit dem integrierten Begleitautomaten, hatte ich sogar in einem Artikel im Workshop Musiker Magazin anfangs der 90er Jahre besprochen. Ein ähnliches Modell, der Magic Singalong (www.magicsingalong.com), verfügt ebenfalls über eine integrierte Karaoke Funktion und verspricht "hours and hours of active family entertainment".

Und doch noch eine kleine Sensation:

Die Elektronikabteilung von Gibson (labs.gibson.com), dem Gitarrenhersteller von Weltruf, zeigte erstmals den Prototyp einer Gitarre mit 6-kanaligem, digitalem Ausgang: Jede der Saiten wird von einem speziellen Pickup abgenommen, der Klang gesamplet und als digitales File ohne Latenz (ohne zeitliche Verzögerung)ausgegeben. Was man damit alles machen könne, sei grenzenlos. Das Übertragungsprotokoll , Gibson nennt es "MaGIC" = Media-accelerated Global Information Carrier, basiert auf einem herkömmlichen Cat-5 Ethernetkabel, das nun in der Lage ist bis zu 32 Kanäle 32-bit, 48 kHz unkomprimie digitale Audiodaten in beiden Richtungen (also eigentlich 64 Kanäle) zu transportieren.

Der Gibson Gitarre Prototyp mit dem normalen analogen Ausgang und dem neuen Ethernetanschluss für den digitalen Mehrkanalausgang.

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MP3 weiterhin im Vormarsch

Trotz der zögernden MP3 Unterstützung der grossen Firmen, die halt eben zwei Interessen zu vertreten haben, zeigen vorab koreanische Hersteller neue MP3 Player in allen Grössen und Farben. Mich interessieren vor allem die CD-Spieler, die MP3 und vor allem auch die ID3 Tags, die zusätzlichen Informationen, die in den MP3-Daten integriert sind, unterstützen. Hier war festzustellen, wie gross die Unterschiede in Funktionalität und Bedienungsfreundlichkeit waren. Sofern sich die diversen Firmen an unsere Abmachungen halten, wird in Kürze ein spezieller Bericht über die MP3-CD-Player mit ID3 Tag Unterstützung folgen.

Und wenn wir gerade beim Thema sind: MP3-Benützer werden sich fragen, wer denn hinter den Datenbanken, z.B. dem "CDDB Music Recognition Service" steht, von denen man als CD-Besitzer alle ID3-Informationen direkt aus dem Internet in den Computer laden kann. Im Gespräch mit einem Vertreter der Firma Gracenote (www.gracenote.com) erfuhr ich, dass die Daten der nun über 1,8 Mio CDs in der CDDB (= CD Datenbank) von den Herstellern oder von Privatpersonen eingegeben werden. Wenn Sie also als Musiker oder Mitglied einer Gruppe eben eine CD veröffentlichten und deren ID3 Tags resp. Informationen in die Gracenote Datenbank eingeben möchten, können Sie dies jederzeit tun, direkt via Internet. Weitere Informationen erhält man auch via E-Mail "licencing@gracenote.com".

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Und zum Schluss

Erst war ich nicht sicher, ob sich jemand einen Scherz erlaubt, doch bald stand fest, dass der lernfähige Roboter echt war. Dass ein Rechner Schach spielen kann ist nichts Neues, doch dass ein Roboter lernen kann, wie man (Kinder-)Bücher vorlesen, dabei auf die richtigen Bilder zeigen und zusätzliche Erklärungen abgeben kann, ist schon aussergewöhnlich. Dass er auch nebenbei noch Hausarbeiten übernehmen kann, erstaunte schon fast nicht mehr. Der gezeigte ER1 von Evolution Robotics (www.evolution.com) (siehe Bild weiter oben) ist ein Spezialmodell einer nach Wunsch programmierbaren Roboterserie, wesentlich mehr als ein Spielzeug und ein Blick in eine schon fast beängstigende, aber faszinierende Zukunft.

Plötzlich stehe ich vor einem Stand, an dem "the world's first CD Destroyer" angeboten wurde. Während viele fleissig dabei sind, die mittlerweile erschwinglich gewordenen CD-R zu beschreiben, gibt es also schon Bedarf, diese CDs wieder zu zerstören. Eigentlich einleuchtend, steht doch in den USA in jedem Betrieb zumindest ein Papiershredder, der "sensible Daten und Notizen auf Papier" unschädlich macht. Die Millionen von überholten Daten, die bis heute schon auf CD-R gespeichert sind, jedoch nicht in falsche Hände geraten dürfen, müssen weg: Der CD Destroyer hat Zukunft!

Um eine CD im CD Destroyer unlesbar zu machen, wird die Datenseite mit einem Muster "zerkratzt", das jegliches Einlesen der Daten verunmöglicht.

Da fällt mir ein Kalenderspruch ein, den ich schon vor ein paar Jahren mal gelesen hatte: "Das Problem im neuen Jahrhundert ist nicht, wie wir Daten erhalten, sondern wie wir sie wieder loswerden!"

Christian Hunziker

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