Yamaha 9000 Pro

Erfahrungsbericht

Konzept
In der Band
Alleinunterhalter
Fazit
Mittlerweile ist das Topgerät der Firma Yamaha, das 9000 Pro seit rund einem halben Jahr lieferbar und auf so manchen Bühnen zu sehen. Sogar der Keyboarder bei der Stefan Raab-Show „TV-Total" hat ein solches Instrument auf seinem Keyboardständer stehen und spielt auch kräftig darauf. Ob das ein Qualtitätsmerkmal ist, sei dahingestellt, da sich die unterschiedlichen Keyboardhersteller sicherlich grosszügig zeigen, wenn es darum geht, ein bestimmtes Produkt mehrmals die Woche auf dem Bildschirm zu haben.

Also müssen wir selber ran und das 9000er auf den Prüfstand nehmen. Da es aber mittlerweile bereits einige Testberichte über dieses Instrument gab, wollen wir keinen weiteren schreiben, sondern vielmehr einen Erfahrungsbericht präsentieren, da auch ich mittlerweile zu den stolzen Besitzern eines 9000 Pro gehöre. Und da es nicht ganz ohne Eckdaten geht, hier eine Kurzvorstellung des Gebotenen:

Konzept

Yamaha versucht mit dem 9000 Pro eine Marktnische zu betreten, in der noch bis vor Kurzem die Roland Instrumente G-800 und der Nachfolger G-1000 das alleinige Sagen hatten. Das 9000 Pro ist quasi die Verschmelzung einer professionellen Workstation (mit Features wie Sampling, Erweiterbarkeit durch zusätzliche Klangerzeugungen, das Fehlen von internen Lautsprechern, einer professionelle Tastatur und Einzelausgängen) und eines Portable Keyboards (mit Features wie Begleitautomatik, eingebauter Vocoder mit dazugehörigem Mikrofoneingang und SMF-Player zum direkten Abspielen von MIDI-Files).

Eine sehr interessante Mischung! Eigentlich das perfekte Instrument, welches – zumindest ich mir - schon sehr lange gewünscht habe. Wie oft dachte ich daran, die professionellen Funktionen und den professionellen Sound meiner Korg Triton mit einer professionellen Begleitautomatik kombinieren zu können, um das Instrument einerseits in der Band einsetzen zu können (mit echtem Schlagzeuger und Bassisten, also ohne Begleitatmautomatik) und andererseits auch in kleiner Besetzung, wo eine Begleitautomatik gefragt ist. Das 9000 Pro scheint die Lösung zu sein.

Ausstattung

a) Tastatur

Das 9000 Pro besitzt eine Tastatur mit 76 leicht gewichteten Tasten. Diese Tastatur soll der Workstation EX-5 aus gleichem Hause entnommen worden sein und ist qualitativ wirkliche Oberklasse. Vergleicht man diese mit einem kleineren Porti wie dem Yamaha PSR-740 merkt man sofort den grossen Qualitätsunterschied. Auch den Vergleich mit Konkurrenzprodukten der gehobenen Preisklasse entscheidet das 9000 Pro für sich !

b) Klangstruktur

In der Grundausstattung ist das 9000er 126fach polyphon und 32fach multitimbral spielbar. 342 Voices, 480 XG-Voices, 32 Custom-Voices, 24 Drum-Kits, 2 SFX-Kits sowie eine digitale Zugriegeleinheit sorgen für eine immense Auswahl an Sounds und das in allerfeinster Qualität. Wem das nicht genügt, der kann das 9000 Pro mit Samples füttern und den 1 MB grossen Samplespeicher auf immerhin 65 MB aufrüsten.

c) Erweiterungskarten

Weiterhin lässt sich das 9000er durch bis zu zwei sogenannte Plug-In-Boards aufrüsten. Yamaha bietet solche Boards an. Da wären beispielsweise die beiden Boards PLG150-AN (Analog Synthesizer AN1x) und PLG150-DX (ein DX-7) als die interessantesten zu nennen. Besonders das DX-Board hat es mir angetan. Ein echter 6-Operatoren FM-Synthesizer. Die Kompatibilität zum original DX-7 geht sogar soweit, dass Klangdaten des Originals in das Board des 9000 Pro übernommen werden können.

Der Vollständigkeit halber seien noch die Boards PLG150-PF und PLG150-VL zu nennen. Ersteres enthält akustische Pianos. Auf dieses kann man aber ohne Probleme verzichten, da der neue interne Live Grand-Sound des 9000 Pro nicht schlechter klingt als die Board-Sounds. Das VL-Board bietet hauptsächlich virtuelle Nachbauten von Bläsern.

d)Begleitautomatik

Die Begleitautomatik des 9000 Pro bietet auf 8 unterschiedlichen Spuren insgesamt 125 Preset-Styles sowie bis zu 120 Styles im Flash-ROM. Hier kann man eigene Styles abspeichern, die auch nach dem Ausschalten des Geräts erhalten bleiben, ohne jedes Mal erneut eingeladen zu werden.

Effekte, das sprichwörtliche Salz in der Suppe, bietet das 9000er reichlich. Neben Reverb und Chorus gibt es zusätzlich 6 DSP-Effekte für Styles/Song sowie die Spielbereiche Right 1 – 3, Left und den Mic/Line-Eingang. Insgesamt bietet das Yamaha Keyboard 10 Effektwege mit 563 Effekt-Presets und 38 Custom-Speicher für eigene Effektkreationen an. In diesem Zusammenhang ist auch der professionelle Vocal-Harmony Effektprozessor zu nennen. Vielen als Vocoder bekannt, verhilft dieser zu mehrstimmigen Gesang und das in einer wirklich professionellen Qualität.

e) Audio Ein- und Ausgänge

An Anschlüssen sind neben den Standardanschlüssen vier separat programmierbare Einzelausgänge vorhanden. Das ist sehr praktisch. Man kann jeden Bereich des Instruments auch wahlweise auf einem Einzelausgang ausgeben lassen. Die Zuteilung auf die Einzelausgänge lässt sich pro Performance-Speicherplatz absichern. Das 9000er ist dabei sogar so intelligent, dass es das Signal, welches einem Einzelausgang zugeteilt wurde, nur dann auf diesem ausgibt, wenn hier auch ein Kabel angeschlossen wurde. Sehr gut!

Besonders die Nutzer des Mikrofoneingangs werden diese Einzelausgänge zu schätzen wissen. Das Mikrofonsignal kann somit unabhängig von den Stereoausgängen des 9000er separat auf das Mischpult geführt werden und ist damit auch unabhängig von der Lautstärkeregelung des Keyboards. Eigentlich eine Kleinigkeit, im Bühneneinsatz aber unverzichtbar, wenn man den Mikrofoneingang des 9000er professionell nutzen will.

d) Speicher-Erweiterungen

Das 9000 Pro besitzt einen SCSI2-Anschluss, an den ein ZIP-Laufwerk, eine separate Festplatte oder ein CD-ROM angeschlossen werden kann. Wer – wie ich - die Festplatte lieber im Geräteinneren hat, kann eine solche einbauen. Yamaha selbst bietet eine entsprechende Festplatte an. Dabei handelt es sich um eine 2,5 Zoll IDE-Platte mit 4,3 GB Speicherplatz für den stolzen Preis von 649 DM. Im Computermarkt sind Platten mit 4,3 GB kaum mehr erhältlich. Hier wird mit Speichergrössen zwischen 20 und 30 Gigabyte gehandelt und das für einen Preis um die 300 DM. Zwar sind das keine 2.5-Zoll-Platten, aber dennoch ist der hohe Preis, den sich Yamaha bezahlen lässt nicht zu rechtfertigen.

Genau das Gleiche gilt für den SIMM-Speicher mit dem man den internen Speicher des 9000 Pro aufrüsten kann. Yamaha verlangt für 64 MB, die sich in zwei SIMM-Module mit je 32 MB Speicherplatz aufteilen stolze 549 DM. Nur zum Vergleich: Tagespreis eines bekannten Computer-Grosshändlers am 09.04.2001 für 128 MB SD-RAM = 119 DM oder 64 MB SDRAM PC-133 = 59 DM. Yamaha verlangt also für seine 64 MB RAM fast das 10fache. Zum einen liegt das natürlich daran, dass SIMMs in der Computerindustrie kaum mehr verwendet werden und somit auch nicht mehr in grossen Stückzahlen hergestellt werden. Zum anderen liegt es wohl auch daran, dass man beim Zubehör nett was verdienen kann, was ja auch OK ist, wenn es im Rahmen bleibt! Ich frage ich mich, warum denn Hersteller wie Yamaha nicht auf Speicherbausteine zurückgreifen, die aktuell und somit erschwinglich sind!

Übrigens: Das 9000 Pro kann Festplatten bis zu 8 GB formatieren. Verwalten lassen sich aber lediglich Plattengrössen bis zu 2 GB. Aus diesem Grund muss eine Festplatte entsprechend partitioniert werden.

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In der Praxis

a) Das 9000er in der Band

(Schwerpunkte: Klänge, Klangauswahl und Programmierbarkeit)

Die Klangqualität und Klangauswahl des 9000 pro lässt keine Wünsche offen. Bezüglich der Klangqualität kann sich das Instrument ohne Probleme mit aktuellen Workstations wie der Korg Triton oder auch der Yamaha EX-5 messen. In Bezug auf die Auswahl der Sounds mit Hinblick auf den Bühneneinsatz ist das 9000er sogar besser gerüstet als so manche professionelle Workstation. Sie finden einerseits hervorragende akustische Pianos und auch eine sehr gute Auswahl an E-Pianos, auch ohne die Erweiterung des 9000er durch das DX-Board.

Weiterhin sind auch schöne Flächen und durchsetzungsfähige Streicher mit an Bord. Gitarren, Bläser, typische Synth Sounds? Alles vorhanden in ausreichender Anzahl und hervorragender Qualität. Sogar meine geliebten D-50 Bells (Staccato Heaven) sind da!

Für die Freunde der Orgel gibt es neben einer guten Auswahl an Preset-Klängen auch noch die digitalen Zugriegel. Letzteres werden Sie wohl bei der Workstation aus dem Profilager nicht finden. Warum, verstehe ich auch nicht, aber das 9000 Pro hat’s und darum geht es ja in diesem Bericht.

Vergleicht man die 9000er mit aktuellen Workstations, ist diese wie gesagt, im Bereich Auswahl der Sounds für den Bühneneinsatz überlegen. Es stehen nicht bänkeweise irgendwelche Dance-, Techno- und Hip Hop-Sounds zur Verfügung, sondern Sounds, die man auf der Bühne nutzen kann. So findet man auch sehr gut gelungene Imitationen von Akkordeons und so geliebte Vertreter wie die Panflöte.

Programmierung

Was die Programmierung von Soundkombinationen und das Ablegen auf sogenannten Performance-Speicherplätzen anbelangt, zeigt sich das 9000 Pro flexibel genug, um die gängigsten Klangkombinationen per Knopfdruck aufrufen zu können. Hier stehen die Bereiche Right 1 – 3 zur Verfügung und der Bereich Left, mit frei wählbarem Splitpunkt. Zwar kommt das nicht an meine ehemalige Korg Trinity oder Korg Triton heran (da konnte man bis zu 8 unterschiedliche Sounds frei auf der Tastatur aufteilen und war sogar in der Lage, Sounds per externer Tastatur anzusteuern, indem man für jeden Part eines Combi bestimmen konnte, ob der von der internen Tastatur, per MIDI, oder beidem gespielt werden konnte), aber dennoch sind die Möglichkeiten des 9000 Pro durchaus ausreichend.

Über die 64 Bänke mit je 8 Speicherplätze der Performance-Speicherplätze lässt sich alles abspeichern und später per Knopfdruck abrufen. Schön ist auch, dass sich die einzelnen Performances nun auch beschriften lassen. Apropos Beschriftung: An das 9000 Pro lässt sich eine Computer-Tastatur anschliessen, womit sich gerade Beschriftungen eigener Sounds, Performances, Dateien auf der Festplatte usw. schnell und übersichtlich durchführen lassen. Kein mühseliges Scrollen von Buchstaben mit Dateneingaberädern oder ähnliches mehr.

Spontane Eingriffe möglich

Im Bühneneinsatz ist auch der spontane Eingriff in eine vorprogrammierte Registrierung ein wichtiger Punkt. Einzelne Sounds lassen sich schnell und sicher austauschen, da es für die 16 Instrumentengruppen je einen Taster gibt. Schnell ist somit ein anderer Sound ausgesucht, ohne sich durch die Speicherbänke durchtippen zu müssen. Wollen Sie beispielsweise das Lautstärkeverhältnis zwischen verschiedenen Sounds abändern, genügt ein Druck auf den Button "Main Mixer" und schon können Sie direkt am Display, auch während dem Spielen, die gewünschten Änderungen vornehmen. Vergleichen Sie einmal die Bedienungsoberfläche des 9000er mit der einer EX-5 Workstation, einer Korg Triton oder eines anderen Instruments. Beim 9000 Pro tummeln sich wesentlich mehr Taster auf dieser und sorgen für einen spontanen Zugriff auf wichtige Funktionen.

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b) Das 9000 Pro für den Alleinunterhalter

(Schwerpunkte: Begleitautomatik, Vocoder, Karaoke)

Benutzen Sie das 9000 Pro mit Begleitautomatik und setzen auch MIDI-Files auf der Bühne ein, profitieren Sie auch in diesem Zusammenhang von der direkten Bedienung und den guten Speichermöglichkeiten durch die Performance-Speicher dieses Instruments. MIDI-Files lassen sich beispielsweise zusammen mit dem Performance abspeichern. Das bedeutet: Rufen Sie ein Performance auf, werden nicht nur die entsprechenden Soundeinstellungen aufgerufen, sondern auch das entsprechende MIDI-File steht zum Abspielen bereit. Sinnvoll ist in diesem Zusammenhang die Verwendung einer Festplatte am 9000 Pro. Wirklich Klasse!

Die Begleitautomatik des 9000 Pro lässt in Bezug auf Qualität und Quantität keine Wünsche offen. Hier ist es absolut in der High End-Klasse der Portable Keyboards einzustufen. Besonders gut gefallen mir die Flash Memory Plätze, derer es insgesamt 120 Stück gibt. Diese können mit eigenen Style-Kreationen oder einfach nur mit geänderten Preset-Styles belegt werden und stehen ständig zur Verfügung, da das 9000er auch nach dem Ausschalten nicht sein Gedächtnis verliert.

Der Vocoder des 9000 Pro kann seine Informationen nicht nur durch die gegriffenen Akkorde der linken Hand erhalten, sondern auch die Spuren von MIDI-Files nutzen. Im Zusammenhang mit dem Mikrofon ist es sehr gut, dieses auf einen der Einzelausgänge des 9000er legen zu können. Man muss nur daran denken, dies für jedes einzelne Performance einzustellen und zu speichern.

Für den Karaoke Einsatz bietet das 9000 Pro einen Video-Ausgang. Hier lässt sich ein Fernsehgerät anschliessen, auf dem die Karaoke-Texte erscheinen. Sicherlich eine gute Sache, um bei einer Festlichkeit das Publikum Karaoke singen zu lassen.

Im Einsatz

Grundsätzlich ist die Bedienung des 9000er ein Kinderspiel. Auf sämtliche Funktionen kann ohne grosse Umwege über Menütaster und Untermenüs direkt zugegriffen werden. Die Soundwahl und Auswahl der Styles ist schnell über die entsprechenden Hauptgruppen und der nachfolgenden Auswahl über das Display getätigt.

Ich habe bereits einige Samples in das 9000er übertragen. Dabei handelte es sich um Windows WAV-Dateien, die ich mit Steinberg WaveLab professionell geloopt hatte. Leider werden diese Loops nicht 100% übernommen. Bei der Übertragung ins 9000 Pro gehen etwa 3 Samples verloren. Glücklicherweise lässt sich das direkt am 9000 Pro ändern und das auch mit einem relativ geringem Aufwand.

Die Voice Edit-Funktionen, die ich im Zusammenhang mit der Zusammenstellung meiner Sample-Voices kennerlernte, bietet sehr professionelle Möglichkeiten. Für den schnellen Eingriff bietet die Easy Edit-Ebene die notwendigsten Parameter. Wer mehr möchte, kann sich im Full Edit-Ebene ausleben. Etwas vermisst habe ich die Möglichkeit, einzelne Voices über Random-Pan automatisch im Stereobild hin und her wandern zu lassen. Eine Funktion, die die Yamaha EX-5 und die Korg Triton bieten (und ich enorm schätze!) Ein herber Kritikpunkt ist das allerdings nicht, eher ein kleiner Wermutstropfen.

Sehr hilfreich bei der kompletten Programmierung des 9000er ist die schon oben erwähnte Möglichkeit eine Computertastatur anzuschliessen. Diese hilft nicht nur bei der direkten Beschriftung, sondern lässt auch Werteingaben zu.

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Fazit

Das 9000 Pro gehört zu den leistungsfähigsten Instrumenten, welches mir je unter die Finger gekommen ist. Leistungsfähig natürlich mit Blick auf das Einsatzgebiet und das ist bei mir absolut die Bühne. Als Alleinunterhalter und als Band-Musiker kommen Sie mit dem 9000 Pro in den Genuss eines Instruments, welches jeden Bereich abdeckt und das auf wirklich professionelle Art und Weise. Von der Klangqualität braucht das 9000er keine Vergleiche mit reinen Edel-Workstations zu scheuen und von den Möglichkeiten her übertrifft es diese Gerätegattung sogar.

Noch interessanter wird es, wenn man das 9000er mit DX- oder AN1x-Erweiterung aufrüstet und somit noch mehr Stimmen und vor allem noch mehr hervorragende Sounds mit eigener Tonerzeugung zur Verfügung hat.

Empfehlenswert ist in jedem Fall die Festplatte gleich mitzukaufen. Diese verrichtet gute Dienste, wenn Sie mit Samples oder MIDI-Files arbeiten. Diesmal ein wirklicher Kritikpunkt ist der unverständlich hohe Preis von 649 DM für die interne 4,3 GB Platte.

Natürlich kann man ein externes Laufwerk (für MIDI-Files genügt ein ZIP-Drive) via SCSI anschliessen, handelt sich dabei jedoch Unannehmlichkeiten beim Transport und dem Standplatz eines solchen externen Laufwerks ein.

Christian Deinhardt

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